Wir möchten, dass der große Traum von Helmut Weis endlich Wirklichkeit wird. Seit dem Abzug der U.S.-Army hat er allerlei Andenken an diese für Bamberg so wichtige Zeit zusammengetragen: Uniformen, Pokale, Sportuntensilien, Truppenabzeichen, sogar Möbelstücke. Diese einzigartige Sammlung will er endlich dauerhaft der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Wir möchten ihn dabei unterstützen und haben daher das Projekt "SAVE 7119" ins Leben gerufen.
Der letzte verbliebene authentische Reitstall (im namensgebenden Haus 7119) in der Lagarde-Kaserne soll zum American Diner umfunktioniert werden. Stimmungsvoll dekoriert mit den Stücken aus der Sammlung Weis.
Kann das wirklich stimmen? Es ist zu schwer zu glauben, dass die Stadtverwaltung auch nur in Erwägung zieht, weitere Flächen an den Freistaat abzutreten. Das würde davon zeugen, dass die Stimmungslage der Bürgerschaft in Bamberg-Ost noch immer nicht verstanden wird. Dieses Gedankenspiel wäre auf besorgniserregende Weise weit weg von den Erwartungen der Bürger.
Über Jahrzehnte war der bevölkerungsreichste Stadtteil stiefmütterlich behandelt worden.
Industrie, Militär, der Flugplatz, der Berliner Ring, die Starkstromtrasse, die Autobahn, ein ums andere Mal kamen anderswo unliebsame Belastungen in den Osten. Stätten der Kultur dagegen, die
Ausgleich geboten haben, wurden nach und nach verloren gegeben: der Vergnügungspark Tivoli, das Kino Capitol, das Freizeitwerk, der Plärrerplatz, um nur einige zu nennen.
Die überschaubaren positiven Seiten des Stadtteils, wie der Volkspark oder die Schulen, scheinen auf der Sanierungsliste in harter Zuverlässigkeit hinter ihren Gegenstücken auf der anderen Seite der Bahnlinie zu stehen und verfallen zusehends – die mittlerweile in schäbigem Mausgrau „erstrahlende“ Blaue Schule ist zum ikonischen Symbol für diese zweitklassige Behandlung geworden.
Entsprechend begeistert wurden 2012 die Pläne aufgenommen, den Abzug der Amerikaner als Chance zu nutzen, den Stadtteil endlich aufzuwerten. Von einer einmaligen Jahrhundertchance war zurecht die Rede. In aufwändig inszenierten Arenen wurde den Bürgerinnen und Bürgern der Mund wässrig gemacht. Das gefeierte Ergebnis des intensiven Prozesses war ein Konzept, das Kultur in der Lagarde, neue Gewerbeangebote, traumhafte Wohnviertel, einen Park als grünes Band und die Durchlässigkeit der einstigen Flächen auch jenseits des Berliner Rings ankündigte. Vollendet binnen 3 bis 18 Jahren. Vollmundige Versprechungen, geweckte Erwartungen, Balsam für die Seelen im Osten der Stadt. Eine vorfreudige Aufbruchsstimmung war zu spüren. So weit, alles richtig gemacht!
Umso heftiger schlug die böse Ernüchterung zu. Der Bedarf an neuem Wohnraum wurde kleingeredet. Das Haupt-Wohnviertel mit den großzügigen Familienwohnungen der Amerikaner in der Flynn wurde zum Flüchtlingslager. Und zwar nicht nur teilweise, sondern vollständig. Entgegen ursprünglicher Pläne wurde die Aufnahmeeinrichtung vom Kennedy-Boulevard bis zur Pödeldorfer Straße ausgeweitet, so dass gar keine der Wohnungen mehr für die Bürger zur Verfügung stand. Die kurz zuvor vom strahlenden Wettbewerbsergebnis in die NATO-Siedlung gelockten Neusiedler fanden sich unverhofft in einer trostlosen Exklave wieder.
Noch gewaltiger war das Areal, das nördlich davon an die Bundespolizei ging. Sie klagt selbst darüber, dass sie ihr übertrieben riesiges Gelände nur mit Bussen nutzen kann, lässt aber trotzdem jegliche Bereitschaft vermissen, die Anlage zu konzentrieren und Teile zeitnah freizugeben. Anstelle der versprochenen Durchlässigkeit zwischen Gartenstadt und Stadion ist eine kasernenhafte Abschottung getreten, die sogar noch größer ist zu Zeiten der U.S.-Army. Selbst nach 9-11 konnten wenigstens auswählte Bamberger noch das Gelände betreten, nun ist es völlig tabu. Ein gewaltiger Fremdkörper, der sich anscheinend dauerhaft mitten im Stadtteil zu etablieren droht. Auch, weil aus dem Rathaus bisher viel zu leise Widerstand zu vernehmen ist.
Der weit überwiegende Teil des Konversionsgebiets ist seither blockiert. Geblieben sind für die Bamberger nur ein vergleichsweise winziges Viertel am Föhrenhain, bei dem die Stadtbau eindrucksvoll bewiesen hat wie schnell und problemlos man auch aus der Flynn dringend nötigen Wohnraum hätte schaffen können, seit kurzem die Offiziershäuser bei der NATO-Exklave und die Lagarde … wobei selbst in deren Mitte ein abgeschotteter, umzäunter und unübersehbarer Gebäuderiegel vom Freistaat als Cybercrime-Stelle okkupiert wird.
Dass die Duldsamkeit der Bürgerschaft angesichts dieser binnen kürzester Zeit zerstörten Hoffnungen längst aufgebraucht war, konnte man an der heftigen Gegenreaktion auf die Pläne in der MUNA und der angedachten Ansiedlung der Verkehrspolizei in einem zu rodenden Teil des Hauptsmoorwalds erkennen.
Die abgrundtiefe Enttäuschung im Osten zeigte sich überdeutlich in den folgenden Wahlen. Die Groko verlor deutlich an Boden, viele gingen verbittert nicht mehr zur Wahl oder bescherten der AfD
unübersehbaren Zuwachs. In angemessener Reaktion beeilte man sich unisono zu beteuern:
Wir haben verstanden! Wir nehmen die Sorgen der Bürger in Bamberg-Ost ab sofort ernst und werden den Worten Taten folgen lassen.
Umso wichtiger also, dass nun wenigstens die verbliebenen noch ungebrochenen Versprechen in der Lagarde vollständig erfüllt werden. Zum Kulturquartier (einschließlich Reithalle) gab es einen Wettbewerb mit einem Sieger Hutterreimann/Sauerzapfe, dessen vielgelobten Plan es nun unbeirrt ohne weitere Abweichung zu erfüllen gilt. Ein attraktives Wohnviertel mit Kulturquartier in beiden Hallen und dazwischenliegendem Kulturhof soll es werden. Das Herzstück für den vielgepriesenen neuen Stadtteil mit Digitalem Gründerzentrum, Gesundheits-Campus und attraktiven Wohnungen. Alles unter Einbeziehung und Bewahrung der geschichtsträchtigen Bestandsgebäude der Kaserne, in welcher Graf Stauffenberg einst Dienst tat und die Amerikaner ein wesentliches Stück Nachkriegsgeschichte prägten. Schmackhaft serviert in der letzten Konversionszeitung 7. Keine Rede von weiteren Behörden.
Daher wollen wir weiter daran glauben, dass der OB, der Stadtrat und die Stadtverwaltung tatsächlich verstanden haben, sich unmissverständlich hinter die abgesegneten Planungen und damit hinter
die Interessen ihrer Bürger stellen und bei eventuellen Begehrlichkeiten des Freistaats in gebotener Klarheit darauf verweisen, dass in den bereits freistaatlichen Flächen mehr als genug Platz für
Entwicklungspläne zur Verfügung steht.
Das bisschen, was nun städtisch ist, soll nun städtisch bleiben!
Eine weitere Enttäuschung der Bürger wäre eine Enttäuschung zu viel.
Wir unterstützen die Idee eines „Kulturquartiers Lagarde“ ausdrücklich.
Hier wird im Stadtteil Bamberg-Ost eine lange ersehnte Kulturstätte geschaffen. Besonders freuen wir uns, dass das im Januar vorgestellte Konzept die Bewahrung aller noch eingetragener Denkmäler und
einigen weiteren Zeugnissen ohne Schutzstatus, wie der Posthalle, vorsieht. Eine Chance für einen positiven Übergang.
Zum "Rückbau" vorgesehen sind allerdings sämtliche Bauten der Maschinengewehrkompagnie aus dem Jahr 1910, die aufgrund der Umbauten während der Nutzung durch die Amerikaner zwar keinen Schutzstatus
genießen, aber dennoch zur Geschichte und zum Ensemble dieses Ortes gehören.
Besonders unverständlich erscheint uns der geplante Abriss von Haus 7114, dem ehemaligen Wohnhaus der Kompagnie. Ein qualitätvoller Bau in guten Zustand, der bis heute vom Konversionsamt genutzt
wird. Geradezu prädestiniert für ein Empfangsgebäude zum neuen Quartier, das zudem Lärmschutz für die Anwohner bietet. An dieser Stelle ist stattdessen ein Baumhain vorgesehen (!).
Wir setzen uns mit einem Konzept bei der Stadt für einen Erhalt ein.
Weiterhin plädieren wir für eine Nachbesserung der Pläne für den Umbau der ehemaligen Stallungen und Werkstätten Ecke Weißenburg/Zollnerstraße. Wir treten wir dafür ein, dass beim Umbau in
Wohnraum wenigstens punktuell Originalsubstanz, wie einzelne Fenster, Tore, Haltungringe für die Pferde oder die Schmiede erhalten bleiben. Ansonsten würde die Chance vergeben, an dieser Stelle etwas
einzigartiges zu schaffen und ein loft-artiges Gefühl zu bewahren.
Erfreulicherweise zeigen sich Herr Oberbürgermeister Starke und das Konversionsamt bislang offen für unsere Vorschläge. Noch gibt es Hoffnung für Haus 7114 und die Stallungen... Wir werden weiter
berichten!
Nachtrag März 2019: Der Herr Oberbürgermeister hat bestätigt, dass unser Vorschlag einer Verkleinerung der Tiefgarage angenommen wird und das Haus 7114
erhalten bleibt!
Nachdem unsere konstruktuve Kritik von 2017 erfreulicherweise aufgenommen wurde (Unterschutzstellung der Messerschmitthallen, Bewahrung der Verwaltungsgebäude an der Geisfelder Straße, Anpassung des Straßenverlaufs - auch der Armeestraße, dadurch Erhalt des Schießplatzes, Verringerung des Flächenverbrauchs), sprechen wir die aus unserer Sicht noch offenen Punkte des geänderten Planentwurfs an.
Wir unterstützen die Bemühungen, dem Leerstand beschleunigt entgegenzuwirken und dem Gelände eine sinnvolle Zukunft zu geben ausdrücklich. Insbesondere begrüßen wir das Vorhaben, neben den denkmalgeschützten Gebäuden auch viele der (noch) nicht unter Schutz stehenden Bauten zu bewahren und neu zu nutzen.
Die Lagarde ist nicht nur eines der ältesten Zeugnisse der bamberger Militärgeschichte, sondern zugleich eine der wesentlichen Keimzellen bei der Entstehung des Stadtteils Bamberg-Ost. Daher
erscheint es nur logisch, hier eine neue Mitte zu schaffen, die einem der bevölkerungsreichsten Stadtteile bislang fehlt. Zwar wurde an der Ecke Berliner Ring/Pödeldorfer Straße ein (gestalterisch
mäßig gelungenes) Einkaufszentrum geschaffen, kulturell oder gastronomisch dagegen fehlt hier, spätestens seit der Schließung des Freizeitwerks vor fast 20 Jahren, ein zentraler Ort. Zusätzlich ist
das Verlangen nach günstigem Wohnraum bekanntermaßen sehr hoch und die Erwartung der Öffentlichkeit mit dem Wegfall der ursprünglich als künftiges Wohngebiet beworbenen Panzerkaserne und
Flynn-Housing weiter gestiegen.
Daher sehen wir die geplante Nutzung als gemischtes Quartier positiv, die einerseits dringend benötigten günstigen Wohnraum schaffen soll, aber dem Stadtteil auch eine neue Mitte mit kulturellen,
gastronomischen und gewerblichen Angeboten schafft. Ebenso ist der Ansatz, Eigeninitiativen der Bürger, wie den Verein Kulturquartier Lagarde e.V., zu unterstützen und ihm ebenso Raum zu geben, wie
der Hochkultur in Gestalt der Bamberger Symphoniker, zu begrüßen. Beide Kulturformen kommen derzeit im Bamberger Osten zu kurz.
So ist es weniger die grundsätzliche Planung, sondern die Umsetzung, bei der wir eine Nachbesserung bzw. Klarstellung anregen möchten.
1. Einfühlsame mutige Architektur statt austauschbarer Langeweile
Noch gibt die Vorplanung keine Details für die Gestaltung vor. Das bietet die Möglichkeit, durch klare Rahmen für die Investoren rechtzeitig Fehlentwicklungen vorzubeugen. Die derzeit vorherrschende Sprache in der Architektur ist leider häufig von Einfallslosigkeit geprägt. Allzu oft wiederholen sich schmucklose, an maximaler Ausnutzung der Baugrenzen orientierte Kuben, die scheinbar ohne Ansehen der Umgebung bzw. Respekt vor der bestehenden Bebauung errichtet werden. Sie könnten ebenso in einem Wohngebiet in München, wie in einem Gewerbegebiet in Duisburg stehen. Das Ergebnis ist ein disharmonisches Bild und eine austauschbare Atmosphäre. Bamberg im Gesamten und die Lagarde im Speziellen hat etwas besseres verdient!
An kaum einer Stelle Bambergs könnte derart mutig und dennoch harmonisch gebaut werden. Eine Chance, die es zu nutzen gilt.
2. Überprüfung der für den Rückbau vorgesehenen Gebäude auf Erhaltbarkeit
Es ist positiv, dass zusätzlich zu den denkmalgeschützten Gebäuden viele weitere Bestandsgebäude bewahrt werden sollen. Dies ist nicht nur aus denkmalpflegerischen, sondern auch aus ökologischen und nicht zuletzt wirtschaftlichen Gründen (Ressourcenschonung, keine Kosten für Abriss und Neubau, Zeitersparnis) begrüßenswert. Vor diesem Hintergrund verwundert es allerdings, dass bisher dennoch über dreißig Gebäude für den Rückbau vorgesehen sind. Darunter einige größere Gebäude, z.B. der Wohnblock 7084, die große Fahrzeughalle 7102 oder die hölzerne Halle 7688, und nahezu sämtliche Neubauten aus der U.S.-Zeit nach 1945. Im Rahmen früherer Kontakt-Festivals wurde bewiesen, wie kreativ Gebäude in neue Nutzungen überführt werden können. So wurde die hölzerne Halle 7688 zum gemütlichen Treffpunkt oder die große Fahrzeughalle zur Kunstgalerie. Wir regen daher an, diese und weitere der zum Abbruch vorgesehen Bauten preiswert möglichen Interessenten anzubieten.
3. Erhaltung von Details
Die Lagarde spannt als wertvolles Zeugnis Bamberger Militärhistorie einen Bogen von der königlich-bayerischen Zeit bis zur amerikanischen Nutzung. Wenige Orte unserer Stadt spiegeln die prägenden Umwälzungen des 20. Jahrhunderts derart gut ablesbar wider: vom Offizierscasino der Monarchie, über die Erweiterungen der Weimarer Zeit, die Reitställe und Garagen aus dem Vorfeld des Zweiten Weltkriegs bis zu den Spuren der U.S.-Army.
Wir gehen davon aus, dass mit den unter Denkmalschutz stehenden Gebäuden mit der gebotenen Behutsamkeit umgegangen wird. Doch auch bei den nicht geschützten, aber für den Erhalt vorgesehenen Bauten, ist eine Wahrung ihres Charakters anzustreben. Es sind nicht zuletzt die Details an und in diesen Zeugnissen, welche die spannende Geschichte für künftige Generationen erlebbar machen. Daher regen wir an, möglichst viele dieser Zeugnisse, von den Ringen zum anbinden der Kavalleriepferde, über die authentische Schmiede bis zum zweisprachigen Straßenschild, zu bewahren. Dies schafft ein reizvolles Quartier mit Historie und Charakter.
So weit unsere Stellungnahme. Wir wünschen den Verantwortlichen und den Bauträgern viel Glück und ein gutes Gespür für dieses kostbare Stück unserer Stadt. Wir werden den weiteren Verlauf gerne mit Interesse verfolgen.
Bericht der Freien WeBZet vom 22.02.2016 zu unserem Konzept
Bericht des Fränkischen Tags vom 24.02.2016 (nur für Abonnenten lesbar)
Gerne nehmen wir zu der geplanten Maßnahme Stellung.
Wie in der Begründung zum Konzept vom 15.12.2015 unter Punkt 10.2 (Seite 44f) richtig festgestellt wird, handelt es sich bei den überplanten Bereichen um, Zitat: „Flächen mit historischer, insbesondere militärhistorischer Bedeutung, deren Geschichte bis in das Jahr 1917 zurückreicht (Erschließung des Geländes und Errichtung einer Munitionsanstalt sowie Bau des Schießplatzes mit vier Bahnen).“
Angesichts dieser offenbar unstrittigen Tatsache wundern wir uns, dass kein ernsthafter Versuch unternommen wird, die denkmalpflegerischen mit den unbestritten wichtigen wirtschaftlichen Interessen
abzustimmen. Tatsächlich spielt in der bisherigen Planung die geschichtliche Bedeutung nicht nur eine „nachrangige Rolle“, wie in der Begründung erwähnt, sondern ihr wird überhaupt keine Rolle
eingeräumt. Dies ist weder angemessen noch notwendig, weil es ohne Mehraufwand gute Möglichkeiten gibt beide Belange in Einklang zu bringen. Einen entsprechenden Alternativvorschlag möchten wir
hiermit unterbreiten und in den Diskussionsprozess einfließen lassen.
Die „Munitionsanstalt“ entstand noch zu Königlich Bayerischer Zeit in der Spätphase des Ersten Weltkriegs. Der Kern der damals errichteten Anlagen (Schießstand,
Fertigungshallen, Munitionslager) ist noch immer nahezu komplett vorhanden, zudem in einem bemerkenswert ursprünglichen Zustand. Dieser Glücksfall ist dem Umstand
geschuldet, dass diese Gebäude seitdem durchgehend in einer ähnlichen militärischen Nutzung blieben und dadurch wenige Umbauten erfuhren.
Die Entmilitarisierung nach dem Ersten Weltkrieg ging, von der symbolischen Vernichtung einer einzelnen Halle abgesehen, ungewöhnlich spurlos an dem Gelände vorbei.
Die 1923 beginnenden Gründungsjahre der Firma von Willy Messerschmitt, stellen eine weitere bedeutende Phase dar, die bisher in der Abwägung nicht gewürdigt wurde. Die
MUNA ist damit als Zeugnis der Frühzeit des Flugzeugbaus, nicht nur für Bamberg, sondern deutschlandweit von Bedeutung. Die Wurzeln der Luftfahrttechnik im Allgemeinen
und der späteren Firma Messerschmitt-Bölkow-Blohm (MBB) (heute Teil der Airbus Group) im Speziellen, sind in diesen Hallen zu finden.
Die folgenden Jahre der Wiederaufrüstung unter dem Nationalsozialismus bis in den Zweiten Weltkrieg sind durch die baulichen Erweiterung ebenso ablesbar, wie die anschließende Besatzung bzw.
NATO-Zeit unter den Amerikanischen Streitkräften.
Die MUNA ist ein Zeugnis einer fast 100-jährigen durchgehenden militärischen Nutzung, wie man es in dieser Kontinuität nur noch selten findet. Ein Spiegel prägender Ereignisse des 20. Jahrhunderts, von den beiden Weltkriegen bis zum Kalten Krieg, der Phase der Entspannung und des Abzugs der U.S.-Army. Die MUNA steht damit zeithistorisch in einer Ebene mit dem Wert der Lagarde-Kaserne. Diese Bedeutung wird in den bisherigen Planungen bisher nicht einmal Ansatzweise gewürdigt.
Wir regen angesichts dieses geschichtlichen Gewichts eine angemessene Würdigung an. Die südlich des Gewerbeareals zur Erhaltung vorgesehenen Bunkeranlagen aus dem Zweiten Weltkrieg genügen nicht,
um diesem Zweck zu dienen, wenn gleichzeitig die ungleich bedeutenderen und aussagekräftigeren Zeugnisse aus der Gründungsphase vernichtet werden.
Glücklicherweise ist es angesichts der Kleinteiligkeit dieser Bauten gut vereinbar, einige davon in das geplante Gewerbeareal zu integrieren ohne die gewünschte wirtschaftliche Nutzung zu verhindern
oder zu stören.
An konkreten Maßnahmen schlagen wir vor:
1. Anpassung der Straßenführung an die gewachsenen Strukturen
Die bisherige Planung der Verkehrsflächen sieht ein starres Raster vor, das ohne Notwendigkeit weder die Topographie noch die über einem Jahrhundert gewachsenen Strukturen aufgreift. Dabei wäre es
einfach, die vorhandenen Straßen- oder Schienenwege als Grundlage für eine künftige Wegführung zu nutzen. Eine Orientierung an der vorhandenen Struktur würde
a. die historische Entwicklung ablesbar machen,
b. es erleichtern am Wegenetz stehende gewachsene Gebäude und Strukturen zu integrieren und
c. möglicherweise durch Minimierung der Erdbewegungen sowohl Bauzeit als auch Kosten sparen all dies wäre umsetzbar, ohne einer künftigen gewerbliche Nutzung mit dem damit verbundenen
Verkehrsaufkommen und Flächenbedarf im Weg zu stehen.
2. Eintrag in die Denkmalliste
Die Eingangs erläuterte Bedeutung des Areals bedingt einen, zumindest inselartigen, Erhalt. Bestand welcher die Entwicklung der MUNA erkennbar und erlebbar werden lässt, sollte dringend für künftige
Generationen bewahrt werden - als Zeugnis und Mahnmal der kriegerischen Seiten des 20. Jahrhunderts, des Pioniergeists der 1920er Jahre und der entsprechenden Auswirkungen auf die Bamberger
Stadtgeschichte.
Zu diesen besonders erhaltenswerten Zeugnissen gehören insbesondere:
a. Das um 1917 entstandene Eingangs-Ensemble entlang der Geisfelder Straße einschließlich seiner Erweiterungen. Dieses kann angesichts seiner architektonischen und baulichen Qualität
leicht z.B. als Wohn-, Büro- oder Betriebsräumlichkeit weitergenutzt werden.
b. Die ebenfalls in dieser Frühphase als Zündlager und Produktionsstätten entstandenen Hallen. Sie sollten wenigstens exemplarisch als Zeugnisse der ursprünglichen militärischen
Erschließung des Areals und der Pionierphase des Flugzeugbaus erhalten bleiben. Angesichts ihrer offenen Bauweise können notwendige Einbauten für eine Umnutzung einfach durchgeführt werden ohne die
äußerliche Struktur wesentlich umgestalten zu müssen. Beispielsweise wären Verwendungen als Kleine Outlets, Lagerräume, Garagen, Einlasspforten, Imbiss, für Kleingewerbe, öffentliche Toiletten, als
Versorgungsstellen für
Telekommunikations- oder Energiebedarf naheliegend. Allesamt Nutzungen, die der Gewerbeansiedlung dienen, statt sie zu behindern (siehe auch Punkt 3 „Muna Village“).
c. Der Erhalt des im Kern ebenfalls aus den Anfangstagen stammenden Schießstands wäre zumindest wünschenswert, zumal er offenbar auch als Biotop besonders erhaltenswert erscheint.
Hier wäre eine Nutzung als naturschutzrechtliche Ausgleichsfläche, vielleicht sogar als Naturschutzgebiet, als Brücke für die Tier- und Pflanzenwelt zum Amselfang und Volkspark und zur Naherholung
denkbar. Eine erforderliche Erschließung des Verkehrs über die Pödeldorfer Straße, wäre über die vorhandene Armeestraße problemlos möglich und müsste dieses Gebiet nicht durchschneiden.
d. Das Marterfragment des „Krätzigen Ruhsteins“ sollte an seinem ursprünglichen Standort konserviert und in eine künftige Erschließung eingebunden werden.
Um diesen gebotenen Erhalt der genannten Bestandsbauten zu vereinfachen und die Finanzierung von Sanierungen zu erleichtern, ist es ratsam die Aufnahme der entsprechenden Gebäude in die Denkmalliste
anzustreben. Dass sie noch nicht erfasst wurden, dürfte vor allem der bisherigen Nutzung durch die Amerikanischen Streitkräfte geschuldet gewesen sein. Angesichts der Bedeutung des Areals für die
Bamberger
Militärgeschichte wird einer Aufnahme sicher nichts im Wege stehen. Als Indiz hierfür darf beispielsweise die Eintragung des ehemaligen Kugelfangs am Nordrand des Flugplatzes Breitenau in die
Denkmalliste gewertet werden (Aktennummer: D-4-61-000-1469), der zeitgleich während des Ersten Weltkriegs errichtet wurde.
3. „Muna Village“ - Versorgungsinsel im ehemaligen Produktionsareal
Insbesondere die Gebäudegruppe der ehemaligen Produktionsstätten bietet sich aufgrund ihrer Bedeutung und Lage zur Umnutzung für Gastronomie, Erholungszwecke, Ladenflächen, kleine Outlets oder
Kleingewerbe an. Dazwischen gibt es genügend Flächen für Erweiterungen, Freischankflächen und Parkplätze. Die künftigen Beschäftigten des neues Gewerbegebietes, wie auch des bestehenden an der
Gutenbergstraße, könnten sich
an dieser zentralen Stelle versorgen. Wer arbeitet, will sich in den Pausen oder nach Feierabend auch erholen, essen oder einkaufen.
Unternehmen siedeln sich ohne Zweifel lieber in einem Gebiet mit Charakter an, das für ihre Mitarbeiter ein hohes Maß an Lebensqualität bietet, als in einer ges(ch)ichtslosen Fläche.
Somit wären zwei wesentliche Faktoren gleichermaßen gewährleistet: Erhalt des Kerngebietes der MUNA und attraktiver Nutzen für die Zukunft.
Eine Skizze zu unserer vorgeschlagenen Alternativplanung haben wir diesem Schreiben zur Veranschaulichung beigefügt. Wir sehen darin einen Ausgleich zwischen den Interessen - erhalten möglichst viel der denkmalwerten Substanz und berücksichtigen Interessen des Naturschutzes, ohne das Projekt des Gewerbeparks zu beeinträchtigen. Sowohl die Zufahrtswege, als auch die Flächen bleiben entsprechend der ursprünglichen Planung unverändert funktionsfähig, flexibel und weiträumig. Die Attraktivität wird sogar erhöht.
Wir bitten diese Vorschläge in die politische Diskussion einzubringen und in der künftigen Planung zu berücksichtigen.
Andernfalls ginge ein Stück Bamberger Militärgeschichte ohne Not für immer verloren.
Leider konnte aus zeitlichen Gründen niemand aus unserer Vorstandsschaft an der Konversionveranstaltung vergangene Woche teilnehmen.
Wir verweisen daher auf den Artikel ind der webZ, mit Dank an Dieter Weinsheimer.
Stadtrat Peter Gack erklärt in einer Nachricht auf unserer Facebook-Seite, warum die Meldung über die 100 Mio. Euro nicht zu einer Schlagzeile geführt hat:
[..] Die 100 Mio. sind der gesamte zur Verfügung stehende Rahmen und gilt für alle Konversionsstandorte, auch für die, aus denen die Bundeswehr abzieht, bzw. abgezogen ist.“
Besten Dank für die Klarstellung, auch an Ulrike Propach!
Da die Stadt dennoch Geld zur Verfügung gestellt bekommt, wenn auch nur einen Bruchteil des Gesamtvolumens, hier weiterhin der Artikel auf dem Fränkischen Tag vom 28.11.2013:
Der CSU-Bundestagsabgeordnete Thomas Silberhorn erklärt in einer Pressemitteilung, dass im Koalitionsvertrag ein Haushaltsvermerk aufgenommen wurde, der Folgendes beinhaltet:
Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) gibt Grundstücke der Konversionsflächen verbilligt an die Stadt Bamberg ab, zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums. Das Gesamtvolumen ist auf 100 Millionen Euro beziffert.
Was geschieht mit dem Kasernengelände nach dem Abzug der U.S.-Army Ende 2014? Erhalt? Abriss? Umbau?
Wie haben andere frühere Standorte diese Aufgabe gemeistert?
Welche Chancen ergeben sich? Welche Hürden werden zu bewältigen sein?
Spannende Fragen, die Bamberg in den kommenden Monaten und Jahren bewegen werden.
Gemeinsam mit dem Architektur-Treff Bamberg und dem Kunstverein veranstalten wir von Februar bis Juli 2013 fünf Vorträge und eine abschließende Podiumsdiskussion zu diesem prägenden Thema.
Fazit:
Es gab viele wichtige Anregungen von auswärts, die den Bamberger Verantwortlichen sicher dienlich sein werden bei den zu bewältigen, großen Aufgaben. Wir danken unseren Mitveranstaltern für ihr Engagement. Es wird sicher nicht unsere letzte Veranstaltung zu diesem spannenden Themenkomplex bleiben.
Lesen Sie dazu auch:
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Bamberger Online-Zeitung: